Polizei und Schule starteten ein Projekt zur Prävention von
sexuellem Missbrauch. Von Bernadette Aichinger
EFERDING. „Du bist wichtig und hast das Recht zu bestimmen wie, wann, wo und von wem du angefasst werden möchtest!“ Diese klare Botschaft bringen zwei Polizistinnen den Mädchen und Buben in der
Volksschule Eferding Süd auf spielerische Weise näher. „Dieses Projekt soll keinesfalls signalisieren, dass es im Bezirk Eferding Probleme mit sexuellem Missbrauch an Kindern gibt. Es handelt
sich um ein reines Präventionsprojekt. Wir bieten es an, weil es eine sinnvolle und gescheite Sache ist“, sagt Bezirkspolizeikommandant Gerald Eichinger. Gestartet wurde am 8. Jänner mit einem
Elternabend. „In der Vergangenheit haben Eltern öfters darum gebeten, dass in der Schule das Thema Kinderschutz aufgegriffen wird. Mit diesem gut durchgeplanten Projekt gelingt es uns nun in
Zusammenarbeit mit der Polizei, dieses heikle Thema gezielt und umfassend zu behandeln“, sagt Volksschuldirektorin Martina Dallinger.
Eigene Gefühle ernst nehmen
Das Projekt hat nichts mit sexueller Aufklärung zu tun: „Wir bringen den Schülern bei, auf ihre Gefühle zu vertrauen. Seltsame Gefühle zeigen, dass etwas nicht stimmt. Dann ist es gut, wenn sie
darüber sprechen, auch wenn es schwierig ist“, erklärt Polizistin Sonja Leithenmair von der Grenzpolizeiinspektion Hörsching. Sie beschäftigt sich seit sechs Jahren mit der Prävention von
sexuellem Missbrauch an Kindern. In ihrem Heimatbezirk Linz-Land konnte sie viel Erfahrung bei der Projektarbeit mit Volksschülern sammeln. „Mir sind Kinder ein großes Anliegen, da sie zu den
schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft gehören. Ich will ihnen vermitteln, dass sie das Recht haben, ‚Nein‘ zu sagen, wenn ihnen jemand zu nahe kommt. Das Nein-Sagen hört sich ja recht
einfach an, aber so leicht ist das manchmal gar nicht. 96 Prozent aller angezeigten Delikte, bei denen es um sexuellen Missbrauch an Kindern geht, passierten im Familien- und Bekanntenkreis“,
erklärt Leithenmair. Sie war voriges Jahr beim
Landeskriminalamt in den Abteilungen „Sitte“ und „Sexualdelikte“ tätig und ist geschult auf die Befragung von Opfern nach Sexualdelikten. „Ich habe in meiner Dienstzeit schon viele Kinder, die
sexuellen Missbrauch erlebt haben, befragt. Ich weiß, wie schwer es für diese Kinder ist, das Erlebte zu verarbeiten. Noch schwerer haben es Kinder, die über das Erlebte schweigen. Ich möchte mit
meinem Projekt Kindern helfen, über Unangenehmes zu sprechen und gleichzeitig verhindern, dass sexueller Missbrauch passiert“, erklärt die Polizistin.
Daher bringt sie in den Volksschulen den Kindern den Unterschied zwischen guten und schlechten Geheimnissen bei: „Geheimnisse, die den Kindern ein ungutes Gefühl geben, müssen weitergesagt
werden, auch wenn sie versprochen haben, es nicht zu tun.“